Das Märchen vom Regentropfen, der die Wolken weinen ließ

Regengeschichte – Einmal gelang es einem Regentropfen, das Wetter zu verändern

Einmal schlich sich ein vorwitziger Regentropfen an einem Nichtregentag aus seiner Wolke. Er war neugierig und wollte sich gerne das lockende Grün des Waldes aus der Nähe ansehen. Ohne viel nachzudenken, trudelte er zur Erde hinab und landete auf einem Blatt im Holunderbusch.
Das Blatt bog sich unter der Last des unerwarteten Gastes so sehr, dass der vorwitzige kleine Regentropfen zur Blattspitze hinab rollte. Dort fand er keinen Halt und tropfte in den Strauch hinein. Beinahe wäre er zu Boden gefallen, aber er hatte Glück. Eine Holunderbeerendolde fing ihn auf und bot ihm ein ruhiges Plätzchen zwischen zwei schwarzbraunen Holunderbeeren.
„Fein.“ Der kleine Regentropfen war zufrieden. „Hier gefällt es mir. Hier kann ich mir das wunderschöne Waldgrün in Ruhe anschauen. Und keiner in der Wolke hat etwas von meinem Ausflug bemerkt. Hihi. So ein Abenteuer mit mir ganz alleine ist ja so aufregend!“
Er machte es sich bequem und freute sich.
Aber er hatte sich geirrt. Er war doch nicht leise genug gewesen.
Schnell erwachten seine Tropfenkollegen und blickten ihm hinterher. Sie sorgten sich sehr. Konnte man diesen vorwitzigen Naseweis denn alleine lassen? Nein. Sie mussten schließlich zusammenhalten. Klare Sache. Und schon folgten eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun und mehr und mehr Tropfen dem kleinen Regentropfen zur Erde hinunter.
Tropf, tropf, tropf, tropf, tropf … landeten sie auf der Suche nach ihrem Freund in den Kronen der Bäume, legten sich über Büsche, Gräser, Steine und Wege.
“Himmelkreuzblitzundpotz”, schimpfte die dicke Wolke. “Nun haben sie aus einem Sonnentag einen Regentag gemacht, diese frechen Kerle.” Sie ruderte vor Erregung heftig mit ihren Wolkenarmen. Dann weinte sie.
“Was ist los mit dir?”, riefen die anderen Wolken. Sie winkten der dicken Wolke aufgeregt zu. Dann eilten sie zu ihr herüber, um sie zu trösten. Und klar, sie mussten nun auch weinen und schickten ihre Tränentropfen nun ebenfalls den Ausreißern hinterher. Und so weinten nun einhundert, eintausend, einhundertausend und noch viele Regentränen mehr aufs Land hinab.
Und nun weißt du, warum heute ein Regentag ist, obwohl der Wettermann im Radio eigentlich einen Sonnentag vorhergesagt hat. Und wenn du am Holunderbusch vorbei kommen solltest und jenen kleinen frechen Tropfen siehst, der zwischen zwei Holunderbeeren sitzt und dich anlächelt, dann hast du den frechen, vorwitzigen, kleinen Regentropfen entdeckt.
Schau hin! Siehst du ihn?

© Elke Bräunling

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Bildquelle © danielsfotowelt/pixabay

 

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