Der „Geist“ im Bagger

Abenteuergeschichte für Kinder – Unheimlich sieht es an nebeligen Herbsttagen auf der Baustelle aus. Sehen die großen Bagger in dieser Herbstnebelwelt nicht aus wie Geister oder Monster gar? Bestimmt spukt es hier! Vorsicht!

Seit vielen Wochen war die Kreisstraße am Rande der kleinen Stadt wegen Bauarbeiten gesperrt. Und seit vielen Tagen hatte niemand auch nur einen Bauarbeiter gesehen, der hier arbeitete. Die großen Baumaschinen standen reglos da und ähnelten rostigen Monstergerippen. Irgendwie unheimlich sahen sie aus, wie sie da auf der Anhöhe standen. Vor allem an Nebeltagen.
“Super!”, rief Max. “Wir spielen Geisterbahn.”
“Coole Idee.” Die Freunde waren begeistert. So eine verwaiste Baustelle war ein toller Spielplatz, fanden sie.
Am meisten aber freute sich Sophia, die Baggerfahrerin werden wollte. Nur einmal auf einem dieser großen unheimlichen Bagger dort auf der Baustelle sitzen, ja, das wäre toll.
Nur Marie zögerte. “Eine Baustelle ist ganz schön gefährlich”, warnte sie. “Kinder dürfen da nicht spielen.”
“Feigling!”, unkte Sophia und Max und Lukas lachten.
“Höhö”, riefen sie. “Marie ist ein Feigling.”
Ein Feigling? Pah! Marie ärgerte sich. “Ich bin nicht feige. Ich bin nur vorsichtig und ich denke nach, bevor ich etwas Blödsinniges mache. Und auf einer großen Baustelle Geister spielen ist so ziemlich das Blödsinnigste, was man tun kann.”
Die Freunde waren beleidigt. “Du kannst ja zu Hause bleiben”, maulten sie. “Und überhaupt: Blöde sind wir nicht.”
“Was dann?”, fragte Marie leise.
Dann aber lief sie doch mit den anderen über die Felder hinüber zu den Baumaschinen auf der Straße. ‘Wenn etwas passiert, kann ich mit dem Handy Hilfe rufen’, sagte sie sich, um das dumme Gefühl, das in ihrem Bauch kribbelte, zum Schweigen zu bringen.
Als sie die verwaiste Baustelle erreicht hatten, waren auch ihre Freunde nicht mehr so sehr abenteuerlustig. Irgendwie unheimlich sah es hier ja doch aus. Überall standen Baumaschinen und Bagger und auf einer Länge von mehr als 100 Metern klaffte ein breites, tiefes Loch in der Straße. Regenwasser stand knöcheltief im Bauloch. In der kühlen Herbstluft sandte es graue Dunstschwaden gen Himmel. Es sah aus, als schwebten Geisterarme aus der Baugrube. Totengerippe. Monster. Und war da nicht auch so etwas wie leise Musik und so ein seltsames Raunen und Murmeln dort vorne an der Baugrube zu hören? Unheimlich klang es.
“Ich glaube”, meinte Lukas, “wir sollten das hier auf morgen verschieben. Wenn die Sonne scheint oder so.”
Max und Hanna nickten stumm.
Nur Marie grinste. “Habt ihr etwa nun doch Angst?”, spottete sie. “Ihr wisst ja, es ist …”
“Jaaa”, riefen alle im Chor. “Es ist gefährlich, auf einer Baustelle zu spielen.”
Und Hanna fügte rasch hinzu. “Und deshalb werden wir von hier auch ganz schnell verschwinden.”
Marie aber hörte nicht mehr zu. Ganz blass war sie auf einmal geworden.
“D-d-da.” Sie deutete zu dem roten Bagger am Rande des Bauloches. “Ei-ei-ein Schatten. D-d-da sitzt einer im Bagger, oder? Sieht aus wie …”
Im gleichen Moment bewegte sich der Bagger. Langsam, ganz langsam rollte er auf die Baugrube zu, neigte sich und …
Mehr sahen die Freunde nicht mehr, denn wie von tausend und mehr Geistern gejagt, rannten sie über die Felder zurück ins Städtchen. Von Geistern, Baustellen und Baggern hatten sie die Nase gestrichen voll. Auch am nächsten Tag noch, als sie auf dem Schulhof erfuhren, dass der lange Jens aus der sechsten mit seinen Freunden einen kleinen Unfall gehabt hatte. In einer Baugrube. Mit einem Bagger, dessen Handbremse defekt gewesen war …

© Elke Bräunling

 


Baggerwelten, Bildquelle ©  xusenru/pixabay

 

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