Mia und das Christkind

Weihnachtsgeschichte für Kinder – Als Mia auf die Bescherung wartet, hat sie im Garten eine ganz besondere Begegnung

Endlich ist Heiligabend. Mia ist ganz aufgeregt. Wegen der Geschenke. Wenn doch nur endlich Abend wäre! Immer wieder sieht Mia auf die Uhr. Es scheint, als blieben die Zeiger heute auf der Stelle stehen.
“Spiel doch etwas!”, meint Mama. “Oder male ein Bild!”
Zum Spielen oder Malen aber hat Mia keine Lust. Sie ist so aufgeregt.
“Wann ist endlich Bescherung?”, fragt sie zum x-ten Mal.
“Wenn es dunkel ist”, antwortet Mama zum x-ten Mal, und Papa seufzt:
“Und wenn unser Miakind nicht mehr ´Wann-ist-endlich-Bescherung´ fragt.”
“Bäh!” Mia macht sich auf die Suche nach ihrer Katze Mimi. Sie sucht im ganzen Haus, doch Mimi ist nicht da.
“Wo die sich wieder herumtreibt?”, wundert sich Mia.
Sie blickt aus dem Fenster in das Nebelgrau im Garten. Wieder kein Schnee zu Weihnachten! Nein, graue Nebelfetzen hängen in den kahlen Ästen der Bäume. Das sieht gespenstisch aus. Man könnte meinen, die Bäume seien Geister.
“Weihnachtsgeister vielleicht”, sagt Mia und überlegt, ob sie in diesem Nebelgeistergarten nach Mimi suchen soll. Sie mag Nebel nämlich nicht leiden, aber noch weniger mag sie es leiden, dass Mimi gerade heute unterwegs ist.
Zögernd geht Mia in den Garten.
“Mimi”, ruft sie. “Wo steckst du? Mimi komm! Mii-mii!”
Sie sucht und sucht, doch sie kann das Kätzchen nicht finden. Ob sie wieder in ihrem Kirschbaumversteck sitzt und mit Kater Maurice schmust?
Mia fasst sich ein Herz und schleicht an den Nebelgeisterbäumen, die an Nichtnebeltagen einfach nur Obstbäume sind, vorbei zum Kirschbaum hinten im Garten. Und wirklich, da sitzen sie: Mimi und Maurice und Tinki, Püppi, Tom und Pet aus der Nachbarschaft. Aber was ist das?
Mia staunt. Nicht nur die ganze Katzenschar hat unter der Linde Platz genommen. Nein, auch die Hunde Momo, Möpschen, Karla und Bernie, die sonst nichts als Katzenärgern im Sinn haben, sitzen friedlich bei Mimi und den anderen Katzen und blicken wie gebannt in die Baumkrone hinauf. Komisch. Mia zwickt sich in den Arm. Träumt sie das nur?
“Aua!” Nein, es ist kein Traum. Während sie sich noch wundert, hört sie plötzlich ein leises Singen:
“Ihr Kinderlein, kommet, o kommet doch all, zur Krippe her kommet in Bethlehems Stall und seht, was in dieser hochheiligen Nacht der Vater im Himmel für Freude uns macht!”
Eine helle Kinderstimme ist es, die aus den grauen Ästen des Baumes zu den Tieren herunter singt. Sie klingt so lieb, die Stimme, dass Mia gar nicht anders kann, als sich zu den Tieren zu setzen und mitzusingen.
Mia singt und singt! Da, plötzlich, sieht sie eine kleine Gestalt mit baumelnden Beinen im obersten Ast sitzen und singen: “Ihr Tiere, nun kommet, kommt auch alle her. Lasst friedlich uns feiern. Es freut mich so sehr. Ich fei´re Geburtstag mit euch heute hier. Ich mag euch alle, drum kommt her zu mir!”
Jetzt weiß Mia Bescheid. Das Christkind ist es, das da im Baum sitzt und mit den Tieren Geburtstag feiert. Wie anders soll es auch sein?
“Darf ich auch mitfeiern, Christkind?”, fragt sie leise.
Das Christkind lächelt. “Alle, die mich lieb haben, dürfen meinen Geburtstag heute feiern. Alle Menschen, alle Tiere, alle Bäume und alle Pflanzen. Heute ist Weihnachten.”
Mia nickt. “Ich weiß. Und ich freue mich so sehr. Aber was machst du auf dem Baum? Die Kinder warten auf dich!”
“Ja”, lacht das Christkind. “Die Kinder warten. Aber sag, warten sie auf mich oder auf die Geschenke, die unter dem Christbaum liegen?”
Mia zögert, und das Christkind fährt fort:
“Du musst nicht antworten, kleine Mia! Ich weiß, dass die Kinder sich sehr über die Geschenke freuen. Und das ist gut so. Jeder soll sich heute freuen. Ja, und deshalb besuche ich die Tiere und Bäume und Pflanzen. Die brauchen mich nämlich heute viel mehr als die Kinder. Siehst du, wie sie sich freuen?”
Mia nickt. “Und wie friedlich sie sind!”
“Ja”, sagt das Christkind, “Friede ist das schönste Geburtstagsgeschenk, das man sich wünschen kann. Doch nun muss ich weiter. Man erwartet mich an vielen Orten.”
“Wirst du heute alle Tiere und Bäume und Pflanzen auf der Welt besuchen?”, fragt Mia.
“Ob nah, ob weit. Ob Raum, ob Zeit. Wer will, kann gehn, wer mag, kann sehn”, antwortet das Christkind mit rätselhaften Worten. Es hüpft vom Baum, schwingt sich wie ein Vogel in die Luft und schwebt singend davon:
Ihr Tiere, nun kommet, kommt all zu mir her. Lasst friedlich uns feiern. Es freut mich so sehr, an meinen Geburtstag heut bei euch zu sein. Drum höret mein Singen: Ich lade euch ein!”
Noch lange hört Mia den Gesang durch den Nebel klingen.
“Das ist das schönste Weihnachtsgeschenk auf der Welt”, flüstert sie und nimmt Mimi auf den Arm.
Dann geht sie zum Haus zurück. Es wird nämlich dunkel. Zeit für die Bescherung. Oder hat Mia die gerade eben schon gehabt?

© Elke Bräunling

Hier erzählt dir Annik Klug die Geschichte von einem ganz besonderen Heiligabend

 

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Kleiner Engel, Bildquelle © _Alicja_/pixabay

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