Die Kraft der Schneeflocken
Wintergeschichte für Kinder – Wie schwer oder leicht sind Schneeflocken?
Den ganzen Morgen hat es geschneit. Endlich. Die Schüler der 2b können das Ende dieses Schultages noch weniger abwarten als sonst. Ganz aufgeregt sind sie, als endlich die Schulglocke ertönt.
„Ich freu mich ja so sehr auf den Schnee“, ruft Tanja.
„Ich auch“, lacht Tim. Er bückt sich, schaufelt Schnee in beide Hände und wirft ihn als dicken Flockenwirbel über Tanjas Kopf.
Tanja schüttelt sich. Sie lacht auch, bückt sich, formt einen Schneeball und schleudert ihn in Tims Richtung. Ihre Freundinnen tun es ihr gleich – und schon ist die schönste Schneeballschlacht zugange. Mädchen gegen Jungen. Keiner gewinnt. Aber einen Riesenspaß macht es.
„Schnee ist einfach toll“, sagt Tanja später.
„Es riecht so gut, wenn es schneit“, meint Marie. „Mein Vater sagt, Schnee macht die Luft sauber.“
„Und er schmeckt gut.“ Rebecca streckt die Zunge raus, um einzelne Schneeflocken damit aufzufangen.
„Und er fühlt sich ganz leicht an“, sagt Mark. Er blickt nachdenklich in den Himmel. „Komisch ist das schon. Bestimmt sind das hundert und mehr Schneeflocken, die gerade auf uns fallen. Trotzdem spüren wir sie nicht.“
„So eine Schneeflocke wiegt ja auch fast nichts.“ Tim lacht wieder.
Tanja schüttelt den Kopf. „Schnee kann ganz schön viel wiegen“, sagt sie.
„Echt?“ Tim tut so, als würde ihn die Last der Schneeflocken, die auf seiner Jacke liegen, ganz langsam auf den Boden drücken. „Stimmt“, stöhnt er und jammert. „Er ist ja so schwer, dein Schnee. Ich habe gar keine Kraft mehr aufstehen. Zu Hilfe!“ Wie ein echter Schauspieler wälzt er sich am Boden und kämpft gegen den schweren Schnee.
Alle lachen. Auch Tanja lacht mit.
„Wartet es nur ab!“, sagt sie und blickt zu einem dürren, abgestorbenen Ast des alten Schulhof-Kastanienbaumes hinauf. Eine dicke Schneeschicht hat sich so fest auf ihn gesetzt, dass er sich bei diesem dichten Schneegestöber mehr und mehr nach unten neigt. Fast berührt er schon die Köpfe von Tim und Marie.
„Au ja“, albert Tim herum. „Wir bleiben nun hier stehen und warten, bis uns all der schwere Schnee zu Boden wirft und zudeckt …“
„und bis wir nicht mehr aufstehen können“, grinst Marie.
Wieder lachen alle. Tanja aber blickt – ein bisschen besorgt – zu dem dürren Ast hinauf. Er senkt sich immer mehr unter der Last des nassen Schnees bodenwärts. Zu sehr, findet Tanja. Sie springt auf Tim und Marie zu, packt die Freunde an den Händen und zieht sie vom Baum weg. Gerade noch rechtzeitig, denn einen Moment später knackt es und der alte Ast fällt mitsamt dem Schnee zu Boden. Genau dorthin, wo Tim und Marie gerade noch gestanden und gealbert haben.
Erschrocken sehen sich die Kinder an. Der vorlaute Tim ist sogar blass geworden. „Boah!“, staunt er. „Die haben ja wirklich ganz schön viel Kraft, die Schneeflocken.“
© Elke Bräunling
Endlich Schnee, auch in der Stadt, Bildquelle © StockSnap/pixabay