Das Herbstkuchen-Geheimnis
Fröhliche Familiengeschichte – Herbstkuchen muss man sich verdienen. Draußen im Garten
Süß roch es in Großtante Emilies Küche. Kuchensüß. Aber da war kein Kuchen im Ofen. Nur ein paar Apfelpfannküchlein schmurgelten in der Pfanne. Nicht dass Katharina, Sebastian und Jonathan etwas gegen Apfelpfannkuchen einzuwenden hätten, aber ein Kuchen war eben doch etwas ganz anderes. Und etwas ganz Besonderes war der Sommerkuchen von Großtante Emilie.
„Wann backst du wieder einen Sommerkuchen?“, fragte Jonathan.
„Gar nicht“, sagte die Großtante. „Es ist Herbst. Die Sommerkuchenzeit ist vorbei.“
„Ooch!“ Die Kinder waren enttäuscht.
„Deinen Sommerkuchen kann man immer essen, auch im Herbst und im Winter und im Frühling“, sagte Sebastian schnell und seine Augen bettelten.
„Und er erinnert uns an den Sommer“, schmeichelte Katharina und ihre Augen bettelten auch.
Die Großtante lachte. „Sommerkuchen im Herbst?“, meinte sie dann. „Nein, das geht nicht. Hoho! Wo kämen wir denn da hin?“
„Dann mach aus deinem Sommerkuchen einen Herbstkuchen!“, schlug Jonathan vor. „Ist doch ganz einfach, oder?“
„Ist gar nicht einfach. Mein Herbstkuchen ist nämlich ein sehr teurer Kuchen und mit Geld nicht zu bezahlen?“
„Warum? Ist er so kostbar?“
Die Großtante nickte. „Und wie!“, sagte sie mit einem ernsten Gesicht. „Er kostet viel Zeit. Und auch ein bisschen Anstrengung und Schweiß.“
Zeit? Anstrengung? Schweiß? Das war aber ein komisches Rezept!
„Wir haben Zeit!“, sagte Katharina.
„Anstrengen können wir uns auch“, meinte Sebastian.
„Und Schweiß schwitzen wir gerne“, rief der kleine Jonathan schnell. „Ganz toll viel schwitzen können wir.“
„Fein. Dann treffen wir uns nachher im Garten. Zum ‚Schweiß schwitzen‘.“
Die Großtante lächelte. Sie lächelte auch noch, als sie Katharina, Sebastian und Jonathan später ins hinterm Garten angrenzende Wäldchen zum Holzsammeln schickte.
„Für meinen Herbstkuchen brauche ich Kleinholz“, sagte sie. „Die Gewitterstürme des Sommers haben viele kleine Äste von Bäumen und Büschen gerissen. Nun sind sie trocken und warten darauf, eingesammelt zu werden.“
„Wir sollen Holz sammeln?“ Katharina sah die Großtante misstrauisch an. „Kuchen backt man doch im Backofen und der steht in der Küche.“
„Das ist das Herbstkuchengeheimnis“, antwortete die Großtante und ein bisschen grinste sie dabei.
„So ein Herbstkuchen machte ganz schön viel Arbeit“, maulte Sebastian. „Doof.“
„Was das wohl für ein Kuchen ist?“, überlegte Jonathan.
Die Kinder rätselten lange, während sie das Kleinholz aufsammelten. Sie schwitzten und schufteten, bis das kleinen Wäldchen hinter Omas Garten sehr sauber und aufgeräumt aussah. Ein großer Berg von Ästen und Zweigen türmte sich vor dem Gartenschuppen auf, in Weidenkörben lagen duftende Kiefernzapfen.
Was waren die Kinder kaputt! So viel Arbeit!
“Herbstkuchen kann ganz schön stressig sein”, meinte Jonathan.
Katharina und Sebastian nickten mit einem tiefen Seufzer. “Man muss ihn sich verdienen.”
“Oh ja! Und wie!”
“Oh ja! Und wie!”, sagte auch die Großtante später. „Nur wenn man ihn sich verdient hat, schmeckt ein rechter Herbstkuchen auch nach Herbst. Und während ihr so schwer geschuftet habt, habe ich einen Herbstkuchen gebacken. Ein ‚Dankeschön-fürs-Holzsammeln-und-Gartenaufräumen-Kuchen‘. Lasst ihn euch schmecken. Ihr habt ihn euch verdient!“
Endlich Herbstkuchen! Und ehrlich, er schmeckte genau so gut wie der Sommerkuchen. Nur anders. Nach Herbst.
Wie? Das Rezept möchtest du wissen? Nein, das ist ein Geheimnis. Nur so viel sei verraten: Man muss vor dem Backen nicht unbedingt Holz sammeln. Nur: Wer hätte ohne Herbstkuchenappetit Großtante Emilies Kleinholzvorräte so schnell aufgefüllt?
© Elke Bräunling
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Winterholz, Bildquelle © TheUjulala/pixabay
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