Zweiminutengeschichten vom Igel und von der Glückskastanie

Zwei kleine Zweiminutengeschichten in einfacher Sprache für Kinder –

 

Die Glückskastanie und das Eichhörnchen
Der kleine Igel und der große Hunger

 

Die Glückskastanie und das Eichhörnchen

„Halt! Lass mich los!“, rief eine kleine, ängstliche Stimme im Herbstwald.
Es war eine Kastanie. In der Nacht hatte der Wind sie vom Baum geweht. Nun lag sie ohne ihre stachelige Hülle auf dem Boden. Sie war nackt und glänzte.
Vor ihr stand ein hungriges Wildschwein. Es schubste die Kastanie mit seinem dicken Rüffel.
„Mich soll niemand aufessen!“, rief die Kastanie. „Nein, ich möchte ein Baum werden. Ein schöner Kastanienbaum! Geh weg, du großes Tier!“
Das Wildschwein erschrak. Es zuckte zusammen und lief schnell davon.
„Oh, du bist eine Glückskastanie!“, rief ein Eichhörnchen.
Es hob die Kastanie auf und trug sie zu einem seiner Verstecke unter einer Baumwurzel.
„Ich komme im Winter wieder, wenn ich Hunger habe“, versprach es.
„Hunger? Winter?“ Die Kastanie hatte Angst.
„Ich bin eine Glückskastanie“, sagte sie zu dem Eichhörnchen. „Du sollst mich nicht aufessen. Ich möchte ein Baum werden.“
Dann schlief sie ein.
Erst im Frühling erwachte die Kastanie wieder. Der Regen füllte ihr Versteck mit Wasser, und die Kastanie atmete tief auf. Sie freute sich.
„Glück gehabt!“, sagte sie und lachte. „Das Eichhörnchen hat mich im Winter vergessen.“
Im warmen Regen begann es in der Kastanie zu wachsen. Ein kleiner Baumtrieb streckte sich aus ihr heraus.

„Und nun wisst ihr“, erzählte der große Kastanienbaum viele Jahre später, „wie aus mir ein großer Baum wurde.“ Er machte eine Pause. „Weil ich Glück gehabt hatte.“
(1432 Zeichen)
© Elke Bräunling

Die ursprüngliche lange Fassung dieser Geschichte findest du hier: Die Glückskastanie und das vergessliche Eichhörnchen

 

Der kleine Igel und der große Hunger

„Es ist Herbst. Ich muss viel essen!“, brummte der kleine Igel. „Groß und stark muss ich für den Winter werden. Das ist ganz schön anstrengend!“
Er lief zur Waldwiese. Dort fand er ein paar Beeren.
„Jetzt will ich aber Fleisch! Wo finde ich ein großes Stück Fleisch?“
Der kleine Igel schaute sich suchend um.
„Ich bin kein Fleisch!“, sagte der Waldkäfer schnell.
„Wir auch nicht!“, riefen die Ameisen.
„Wir sind Mücken!“, erklärten die Waldmücken.
„Ich bin eine Maus!“, piepste die Waldmaus.
„Und ich bin ein Fisch“, sagte der Fisch im Waldsee. „Ein Fisch ist kein Fleisch. Du hast Pech, kleiner Igel.“
„Igel-Pech!“, quakte der Frosch vom Ufer. „Ich bin fast wie ein Fisch!“
Der kleine Igel blickte die Tiere an.
„Ich will euch doch nicht essen!“, sagte er. „Ihr seid meine Freunde. Ich suche nur Fleisch. Es heißt, Fleisch macht stark für den Winterschlaf.“
„Dann ist ja alles gut“, sagte die Schnecke. Schnell versteckte sie sich unter einem Stein. Sicher ist sicher.
Auch der Regenwurm dachte das. Er saß im Apfel, der unter dem Apfelbaum lag.
„Vor mir muss sich niemand fürchten!“, rief der kleine Igel wieder. „Und auf Fleisch habe ich jetzt auch gar keinen Appetit mehr. Aber ich bin immer noch hungrig.“
Er tappte zum Apfel, biss hinein und schrie laut auf.
Auch der Wurm im Apfel schrie.
Wer lauter geschrien hat, weiß niemand. War es der erschrockene Wurm oder der kleine Igel mit dem großen Hunger?
(1412 Zeichen)
© Elke Bräunling

Die ursprüngliche lange Fassung dieser Geschichte findest du hier: Der kleine Igel und der große Hunger

 


Stachel”igel” Esskastanie, Bildquelle © MrGajowy3/pixabay

Meine Texte und die virtuelle Kaffeekasse

Kontaktieren Sie mich bitte, wenn Sie einen oder mehrere meiner Texte online oder printmäßig verwerten oder anderweitig publizieren möchten.

Und wenn Sie mir einen Becher Kaffee schenken möchten, einfach so, weil Ihnen die Geschichte gut gefallen hat, so freue ich mich sehr darüber. Herzlichen Dank! 💛

Vielleicht haben Sie Lust, mein Blog zu abonnieren?

So verpassen Sie keinen Beitrag mehr! Einfach Mail-Adresse eintragen, absenden und den Link in der Bestätigungsmail anklicken. Ich freue mich auf Sie! Auf Dich!