Die kleine Waldmaus und der Sternenregen in der Silvesternacht*
Silvester-Waldgeschichte für Kinder mit den Tieren des Winterwaldes
Irgendetwas war anders heute. Seltsame Geräusche störten die Stille im tief verschneiten Wald. Sie schreckten viele Waldtiere aus ihrem Winterschlaf. Auch die kleine Waldmaus war erwacht. Sie spitzte die Ohren, lauschte. Ein Wispern war da, ein Rascheln. Schritte ließen den Schnee, der die Mäusehöhle bedeckte, leise knirschen. Und dann waren da auch immer wieder seltsame Luftgeräusche, einem Windpfeifen und Donnergrollen gleich.
Donner im Winter?
Die kleine Waldmaus erschrak.
„Was ist das?“, fragte sie Opa Maus. „Ist der Frühling gekommen oder der Sommer gar?“
Opa Maus lauschte. Dann schnupperte er. „Es hört sich an wie Winter und es riecht auch wie Winter. Nach Schnee nämlich“, sagte er dann. „Ich befürchte, es ist die Nacht der regnenden Sterne. Sie findet in jenen Zeiten statt, in denen es am dunkelsten ist in unserem Wald.“
Regnende Sterne? Aufregend klang das!
Die kleine Waldmaus sprang auf.
„Ich möchte diesen Sternenregen sehen!“, rief sie.
„Es ist zu kalt für uns Mäuse“, sagte Opa Maus. Er lauschte wieder. „Oho! Mir dünkt, viele Kollegen sind unterwegs. Die laute Nacht hat sie im Schlaf gestört.“
„Sie wollen die regnenden Sterne sehen“, sagte die kleine Maus. „Wie ich auch.“
Sie trippelte zum Höhlenausgang und begann, sich durch den Schnee, der die Mausehöhle bedeckte, zu wühlen.
„Uih! Wie kalt Schnee doch ist!“, murmelte sie. „Ich muss mich beeilen.“
„Das würde ich dir auch raten“, knurrte Opa Maus, doch das hörte die kleine Waldmaus schon nicht mehr. Flugs war sie aus dem Mauseloch geschlüpft und auf den großen Stein gehuscht. Von dort blickte sie über die Waldwiese, die nun ein glitzerweißes Schneeland war.
Viele Waldtiere waren heute unterwegs. Sie hatten es eilig, wieder in ihre schützenden Winterquartiere zu kommen. Dennoch blieben sie stehen und blickten, wie auch die kleine Waldmaus nun, in den Himmel hinauf.
Und da sah sie ihn, den Sternenregen. Viele klitzekleine Fünkchen, weiße, gelbe, rote, grüne, blaue, lilafarbene tanzten für einen Augenblick an Himmel, um dann eines nach dem anderen sanft zu Boden zu regnen. Und wieder knallte es und neue bunte Fünkchen erhellten die Winternacht. Schön sah das aus. So viele bunte Sternchen!
„Oh!“, rief die kleine Waldmaus. „Sterne! Sie regnen vom Himmel in unseren Wald herab. Wie schön das ist!“
„Es sind keine Sterne“, sagte ein Eichhörnchen. „Es sind die Menschen.“
„Sie feiern“, erklärte ein Reh.
„Einmal im Jahr, dann, wenn es besonders dunkel und kalt ist, gibt es dieses Fest“, rief ein Hase.
„Ein lautes Fest, wie mir dünkt“, pfiff der Waldkauz.
„Es ist die Ballernacht“, erklärte der kleine Rabe. „Zum Mäuseverjagen laut lärmen und ballern die Menschen mit Spaßmaschinen und schicken die bunten Funken an den Himmel.“
Zum Mäuseverjagen?
Die kleine Waldmaus erschrak. Da! Wieder ein Knall! Und viele rote und grüne und gelbe Funkenpünktchen malten über der Waldwiese ein buntes Bild.“
„Sie kommen!“, rief die kleine Waldmaus voller Schrecken. „Sie kommen uns zu verjagen. Hilfe!“
Und schnell – wusch – raste sie zum Mauseloch zurück und verschwand wieder im Mäusebau. Hier fühlte sie sich sicher. Außerdem, es war wirklich kalt in dieser dunklen Nacht. Zum Mäuseverjagen kalt.
© Elke Bräunling
“Sternenregen”, Bildquelle © picjumbo_com/pixabay